Vereinsgeschichte

Aus der Vereinsgeschichte

Das Leben im Deutschen Reich nach dem ersten Weltkrieg wird in den Jahren 1922/23 fast unerträglich. Arbeitslosigkeit überall und durch die Inflation verliert das Geld seinen Wert, am Morgen eingenommen, muss es noch am gleichen Vormittag ausgegeben werden. Die Preise für Brot und Fleisch klettern in die Milliarden und Billionen.

In dieser Zeit wirtschaftlichen Tiefstandes und politischer Zerrissenheit beginnt ein Lehrer in unserem kleinen ostfriesischen Dorf mit einigen jungen Männern und Jugendlichen Fußball zu spielen.

Sein Name: Georg Lange, Tag der Vereinsgründung 01.04.1923. Die Männer der ersten Stunde sollen hier genannt werden: Georg Lange, Paul, Erich und Max Ohrt, Christian Assing, Christian Coners, Gerhard Meinen, Gerhard Wendeling, Michel Flessner, Freerk Geiken, Edi Gerdes, Gerhard Linnemann, Diedrich Niemann, Focke Henkel, Bernhard Linnemann, Meint Bünting, Carl Schürmann, Hermann Coners, Hermann Eisenhauer, Otto Hagen, Koch, Nöring, Harm Decker.
Passive Mitglieder: Harm Best als Vereinswirt, Albertus Coners sen. und Hinrich Gembler.

Einen Sportplatz gibt es im Dorf nicht. Die ersten Versuche beginnen auf einer Weide in der Nähe der Gastwirtschaft Best. Doch bald bietet sich für Georg Lange die Möglichkeit einen eigenen Platz für seinen Verein zu bekommen. Die Forstverwaltung gibt an Kolonisten in Plaggenburg je 2-3 ha Forstland aus mit der Maßgabe, dieses Land innerhalb von vier Jahren zu kultivieren. Den Bemühungen von Georg Lange ist es zu verdanken, dass der Gemeinde 1 ha für einen Sportplatz zugewiesen wird.

Wohlfahrtsempfänger beginnen die Stubben zu roden und die Gräben einzuebnen. In freiwilligen Arbeitsstunden wandert dann Georg Lange, umringt von lachenden Schülern, alle mit Spaten und Hacken ausgerüstet, zum neuen Platz, um zu planieren, Heide zu stechen oder Gräben auszufüllen.

Nach der Arbeit wird dann Fußball trainiert. Ebenso müssen die älteren Spieler abends zur freiwilligen Arbeit auf dem neuen Sportplatz antreten.

Welch ein Idealismus in einer trostlosen Zeit! Anfang 1925 ist der Platz fertig und der Spielbetrieb kann hier nun beginnen. Gegner der „Eintracht“, des ersten ländlichen Fußballvereins, sind Mannschaften der Sportvereinigung Aurich, von Stern Emden, Spiel u. Sport Emden, Emder Spielverein, aus Loppersum, Esens, Bensersiel, Wittmund, Jever und Großefehn. Die auswärtigen Mannschaften reisten mit Fahrrädern an, wobei die Mannschaften aus Emden bis Aurich die Reichsbahn benutzten.

Nach Aurich, Wittmund, Jever, Esens und Bensersiel fahren wir immer mit Fahrrädern und wenn Jugendliche ein Vorspiel haben, werden sie von den Spielern der Herrenmannschaft auf dem Fahrrad mitgenommen. Was für Strapazen bei Wind und Wetter! Räume zum Umkleiden gibt es natürlich nicht. Der Vereinswirt „Harm Best“ stellt für die Gäste des Vereins die Backstube zur Verfügung, während sich die Eintracht-Spieler in der Tischlerwerkstatt von Albertus Coners die schwarz-weiße Tracht anlegten. Als es nach ein paar Jahren an Spielern in der 1. Mannschaft fehlt, beantragt G. Lange für einige Jugendliche, die erst 15 und 16 Jahre alt sind, in Hannover beim Verband eine Sondergenehmigung, die für Albertus Coners, Gerd Rocker, und Friedel Best erteilt wird. Aus Aurich kommen die Gebrüder Schweers und Georg Lottmann, der eine Zeitlang in Plaggenburg arbeitet.

Bis 1929 hat sich der ländliche Fußballverein „Eintracht“ Plaggenburg einen guten Ruf erworben, eine 2. Mannschaft kann spielen und in der Schule trainiert Georg Lange fleißig mit den Jungen der Oberstufe. Zu Beginn der 30er Jahre treten die ersten großen Schwierigkeiten auf, als viele Spieler arbeitslos werden. Zwar geben einige sehr talentierte Spieler aus dem Ruhrgebiet, hautsächlich aus Wanne-Eikel und Gelsenkirchen, die in einem Arbeitslager in Diedrichsfeld untergebracht sind, dem Verein und dem Spielbetrieb gewaltigen Auftrieb, doch dieses Strohfeuer erlischt in dem Augenblick, als diese Spieler den Verein wieder verlassen und in ihre Heimat zurückkehren.

Als Lehrer Lange in den 30er Jahren nach Südarle als Hauptlehrer zieht, übernimmt Gerd Rocker für einige Zeit den Vorsitz des Vereins. Ab 1937 erfolgt dann die Umwandlung in einen HJ-Sportverein.

Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges beginnt für den Verein eine neue Entwicklung. Armut, Not, und Zerstörung überall, Misstrauen, Hass und Furcht beherrschen die Menschen und über unseren Straßen mit Kopfsteinpflaster und durch unsere Sandwege fahren englische und kanadische Besatzungssoldaten. Die verantwortlichen in den Gemeinden haben viel zu tun, die Flüchtlinge aus Pommern, Schlesien und Ostpreußen aus der von den Sowjets besetzten Zone unterzubringen.

Unser Gebiet gehört zur britischen Besatzungszone. Nach dem willen der Besatzungsmacht darf es in einem Dorf nur einen Verein geben, der Sport betreibt. So entsteht unter dem Namen „Vorwärts“ der Sportverein wieder, in ihm sind Sportverein und Boßelverein vereinigt. Diese Verbindung bleibt bis 1949, Benjamin Hagena sen. ist der 1. Vorsitzende in dieser schweren Zeit, Spartenleiter für Fußball ist Jakob Janssen aus Pfalzdorf. In der ersten Zeit geht es aber nicht um Aufstellungen von Mannschaften, sondern um die Wiederherrichtung des Sportplatzes. Der Platz ist nämlich Zweckentfremdet. Das Gebiet nördlich vom Ems-Jade-Kanal ist von den Engländern als Entlassungszone deklariert worden. In jedem Ort liegen ganze Kompanien deutscher Soldaten, die auf ihrem Rückzug aus Belgien und Holland nach hier geleitet werden und in den Scheunen der Landwirte in Quartier liegen und auf ihre Entlassung warten. Auf dem Sportplatz stehen Fahrzeuge und Pferdegespanne der ehemaligen deutschen Wehrmacht. Dass der Platz sehr in Mitleidenschaft gezogen wird, versteht sich von selbst. Endlich ist es dann soweit: die Soldaten räumen den Platz, aber sie räumen nicht auf. Das Aufräumen bleibt den Männern der ersten Stunde überlassen, sie setzen in freiwilliger Arbeit den Platz wieder in Stand. Hier müssen einige Namen genannt werden: Friedl Best und sein Vater, der Vereinswirt Harm Best, Jakob Janssen, Karl Eiben, Wolbrich Hagena, Karl Behler, Gerhard Mannott. Auch die Vertriebenen, die in Plaggenburg und Umgebung eine neue Heimat gefunden haben, bauen den Verein mit auf. Nun kann es wieder losgehen, ein neuer Anfang 23 Jahre nach der Vereinsgründung.

Die erste Herrenmannschaft wird aufgestellt, und die Alten Herren der Sportvereinigung Aurich sind die ersten Gegner nach dem Kriege. Die Plaggenburger gewinnen mit etwas Glück 1:0, Erich Friedrichs hat das Siegtor geschossen. Dieser erste Sieg nach dem Neubeginn ist der Auftakt einer langen, erfolgreichen Entwicklung, die nur möglich ist durch den ständigen, selbstlosen Einsatz einiger Sportkameraden, um die oft unüberwindlichen Schwierigkeiten zu meistern.

1947/48 nimmt die 1. Mannschaft an der Punktspielserie teil, zusammen mit Walle I, Aurich II, Marienhafe, Carolinsiel und anderen Mannschaften. Sofort wird der Aufstieg in die erste Kreisklasse geschafft.

Die 1. Mannschaft spielt von 1948/49 15 Jahre hindurch in der 1. Kreisklasse, muss dann aber 1963 absteigen.

1966 wird sie Meister der 2. Kreisklasse und steigt wieder auf. Im gleichen Jahr wird die Mannschaft Kreispokalsieger und bleibt auch in den folgenden Jahren immer wieder in der Spitzengruppe der 1. Kreisklasse: zweimal als Vizemeister, einmal auf dem dritten Platz. Diese gute Placierung ist in erster Linie ein Verdienst von Günter Götz, der drei Jahre Torschützenkönig im Kreise Nordwest ist. Aber auch mit Helmut Schmidt haben wir einen weiteren Torjäger in unsren Reihen. Im Spieljahr 1972/73 wird die 1. Mannschaft in die neugegründete Bezirksstaffel Nord eingereiht und wird sich in dieser Staffel behaupten.

Einige Kuriositäten am Rande: in Spiel gegen Walle 1947/48 geht dem Ball die Luft aus und ist nicht zu reparieren, der Ersatzball löst sich nach kurzer Zeit in seine Bestandteile auf, ein dritter Ball ist nicht vorhanden. Das Spiel muss abgebrochen werden. Zu Auswärtsspielen fährt die Mannschaft mit dem Lkw von Anton Leerhoff. Dieser Lkw stammt aus dem Fahrzeugpark der aufgelösten deutschen Wehrmacht und wird mit Holzgas angetrieben, ein stets qualmendes Fahrzeug das sogar funktionierte, wenn auch nicht immer. Die Spieler aus diesen Jahren werden sich sicher noch gerne an dieses Fahrzeug und die Fahrten erinnern. Seit 1947 beteiligt sich der Verein auch an den Kreiswaldlauf-Meisterschaften. Hier sind besonders die Sportkameraden Gerhard und Johann Mannott in den Jahren 1947 bis 1952 und Artur Mannott, Karl-Heinz Keller, und Menno Gerjets vom Jahre 1964 an erfolgreich, die mehrere Meistertitel für den Verein erringen. Arthur Mannott wird 1973 sogar ostfriesischer Waldlaufmeister in der in der Spielerklasse. Vergessen darf auch nicht werden dass der Verein „Eintracht“ von Anfang an recht erfolgreich an den Stadtmeisterschaften in Aurich am Hallenhandball teilnimmt. Im Jahre 1949 erfolgt die Trennung der beiden Sporttreibenden Vereine: „Vorwärts“ ist wieder Boßelverein und für die Fußballspieler gilt wieder der alte Name „Eintracht“, ein Verein, der sich im Laufe der fünfzigjährigen Geschichte in Ostfriesland und darüber hinaus einen guten Namen gemacht hat.

Gleich 1949 wird Hans Friedrichs Vorsitzender des Vereins; unter seiner Leitung erreicht der Verein „Eintracht“ eine nie geahnte Blüte. Nach ihm übernehmen Wolbrich Hagena (1958-1960), Johann Scherf (1961-1962) und Philipp Wendeling (1963) den Vorsitz. 1964 übernimmt Bernhard Boekhoff das Amt des 1. Vorsitzenden, dass es bis zum heutigen Tage mit großem Einsatz und viel Geschick und Energie innehat. Heinrich Oltmanns ist 2. Vorsitzender und hält als Lehrer die Verbindung mit der Schule aufrecht, Karl Friedrichs verwaltet seit vielen Jahren die Kasse, Alfred Friedrichs amtiert als Schriftführer, Fritz Ehmen betreut die Jugend, während Helmut Goldhammer als Spielausschussobmann tätig ist. Wolbrich Hagena, seit über 25 Jahren ununterbrochen im Vorstand tätig, fungiert z.Z. als Presse und Sozialwart. Der Verein kann sich im Jubiläumsjahr auf 288 Mitglieder stützen. Mit elf spielenden Mannschaften steht „Eintracht“ Plaggenburg mit der Sportvereinigung Aurich und Ostfriesia Moordorf an erster Stelle im Kreis Nordwest des Niedersächsischen Fußballverbandes. Von den elf spielenden Mannschaften sind allein sieben Jugend- und Schülermannschaften. Sie sind gefürchtete Gegner auf allen Plätzen und stehen in vielen Tabellen im oberen Drittel.

In der Zwischenzeit haben sich weiter neue Abteilungen gebildet. Unter der Leitung von Harald Henken nehmen zwei Tischtennismannschaften am Punktspielbetrieb der Kreisklassen teil. Christa Meenken als Sportlehrerin hat eine starke Damenabteilung aufgebaut, in der Gymnastik betrieben und Handball gespielt wird. Herrenhandballmannschaften (Leiter  Heinrich Meyer) nehmen regelmäßig an den Hallenhandball-Stadtmeisterschaften in Aurich teil. Zu gegebener Zeit sollen diese Mannschaften zu den Handballpunktspielen gemeldet werden.

Wenn ein Verein Jugendarbeit in dieser Breite und mit solchem erfolg betreibt, dann er sich um den Nachwuchs aus den eigenen Reihen keine Sorgen zu machen: der Verein „Eintracht“ Plaggenburg kann mit Stolz und Optimismus in die Zukunft sehen.

Der schöne Sportplatz am Waldesrand hat im Jubiläumsjahr eine neue Grasnarbe erhalten. Ein Sportplatz jedoch reicht für unseren Spielbetrieb nicht aus. Ein zweites Sportfeld muss unbedingt geschaffen werden, wenn die schöne Anlage in spielbarem Zustand erhalten werden soll.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Fest hatten die Verantwortlichen des Vereins mit dem Bau einer Sporthalle gerechnet, als vor rund zehn Jahren im Zentrum des Dorfes die neue Schule gebaut wurde. Überall bei den neuen Schulen in und um Aurich waren Turn- und Sporthallen gebaut worden – die Verantwortlichen des Sportvereins „Eintracht“ Plaggenburg und auch andere interessierte im Ort bemühten sich vergeblich. Endlich ist es nun soweit, Plaggenburg erhält eine Sporthalle, nachdem Kreis und Stadt Aurich den Bau beschlossen haben. Für den verein ist dies das schönste Jubiläumsgeschenk, zugleich aber auch eine große Verpflichtung, zusammen mit den Schulen diese Halle mit Leben zu füllen.

An dieser Stelle sei auch noch die fruchtbare Zusammenarbeit und dass gute Freundschaftsverhältnis mit den Plaggenburger Vereinen und verbänden sowie mit vielen Sportvereinen erwähnt. der Sportverein „Eintracht“ sieht mit Zuversicht in die nächsten 50 Jahre.

Möge uns allen noch viele Jahre die Möglichkeit der sportlichen Betätigung in Frieden und Freiheit gegeben sein.

Die Verfasser:

Wolbrich Hagena, Bernhard Boekhoff, Gerd Rocker, Hans Friedrichs